Töne aufzeichnen und dann beliebig oft wiedergeben zu können – dieser Wunsch gehört zu den ältesten Träumen der Menschheit. Es dauerte allerdings bis ins 19. Jahrhundert, dass die entsprechenden Ideen von Wissenschaftlern und Erfindern eine reale Gestalt annahmen ...
Den Ton festhalten …
1857 meldete der Franzose Éduard-Léon Scott de Martinville seinen Phon-Autographen zum Patent an: Bei diesem Gerät werden die Töne mit einem Schalltrichter eingefangen. Ihre Schwingungen werden auf eine Tierhaut-Membran übertragen und von dort mit einer Wildschweinborste auf eine von Hand gekurbelte Walze, später ein Stück Papier, aufgekratzt. Auch andere Erfinder wie z.B. Thomas Young, Wilhelm Eduard Weber oder Jean-Marie Constant Duhamel, später auch Charles Cros, hatten Geräte entwickelt, mit denen Töne „eingefangen“ und deren Schwingungen in einem Trägermedium festgehalten wurden. Es fehlte jedoch ein entscheidender Schritt: Bei ihnen allen konnte der Ton – zumindest mit den damaligen technischen Mitteln – noch nicht wiedergegeben werden.
Der Phonograph von Edison
Gehen wir deshalb von Europa weiter nach Menlo Park, südwestlich von New York, wo der berühmte US-Erfinder Thomas Alva Edison in seinem Forschungslabor experimentierte – und Ende 1877 seinen Phonographen fertigstellte, der Töne nicht nur speichern, sondern auch reproduzieren konnte. Die Tonschwingungen werden bei diesem Gerät ebenfalls an eine Membran geleitet. Der Schalldruck bewegt eine damit verbundene Nadel auf und ab, die eine Spur in eine mit Stanniol umwickelte Walze eindrückt. Beim Abtasten dieser Spur mit der Nadel erhält man wieder den so aufgenommenen Ton. Das Patent für den Phonographen erhielt der „Zauberer von Menlo Park“ am 19. Februar 1878. Schnell wurde das Gerät weltberühmt. Ende der 1880er-Jahre ersetzte Edison die Stanniol- durch langlebigere Wachswalzen, von denen man mehrere gleichzeitig maschinell mit Eindrucken versehen konnte.
Emile Berliner: Schallplatte und Grammophon
Inzwischen war aber ein weiterer „Player“ ins Spiel gekommen: Emil Berliner, der 1870 als 19-Jähriger aus Hannover in die USA eingewandert war. Emil, der sich in den USA Emile nannte, widmete sich in seiner Freizeit intensiv der Elektrotechnik, tüftelte und experimentierte. Und schon bald hatte das junge Technik-Genie Erfolg: Das Fernsprechermikrofon, das er entwickelt hatte, konnte er 1877 an die Bell Telephone Company zu einem stolzen 5-stelligen Preis verkaufen. Er gründete in Deutschland mit seinem Bruder die erste europäische Telefonfabrik und wandte sich dann in seinem kleinen Labor in Washington einem anderen Thema zu: Edisons Phonographen. Auch den Phon-Autograph von Scott nahm Berliner nochmals ins Visier. Der findige Tüftler entwickelte schließlich ein Gerät, bei dem als Tonträger keine Walze, sondern eine runde, berußte Glasscheibe verwendet wurde. Ein großer Blech-Schalltrichter konzentriert die Schallwellen auf eine Membran, deren Stichel die mechanischen Schwingungen in die Rußschicht einbringt, die anschließend gehärtet wird. Anders als bei Edison wurden die Töne bei diesem Verfahren nicht über vertikale, sondern – wie bei Scott – über seitliche Bewegungen des Stichels übertragen. Von der Scheibe wurde ein Zink-Positiv und davon ein Zink-Negativ hergestellt, das wie ein Stempel für die Pressung weiterer Positive genutzt werden konnte. Berliner nannte die Scheibe „Schallplatte“, auf Englisch „plate“, später dann „disc“. Zugleich entwickelt er ein Gerät, das die Rille in der Schallplatte abtastet und die aufgenommenen Töne wieder hörbar macht – das Grammophon.
Am 8. November 1887 wurde ihm für das Grammophon-Schallplatten-System das Patent mit der Nummer 15232 erteilt. Später ersetzte Berliner die rußbeschichtete Glasplatte durch eine mit Wachs überzogene Zink- oder Kupferplatte.
1895 gründete Berliner die Berliner Gramophone Company, später in Kanada die Berliner Gram-O-Phone Company Montreal. Auch in Deutschland wurden Schallplatten in Serie produziert: Am 6. November 1898 gründeten Emil Berliner und sein Bruder Joseph in ihrem Heimatort Hannover die Deutsche Grammophon GmbH, deren Muttergesellschaft die britische Firma The Grammophone and Typewriter Company Ltd. wurde. Das weltberühmte Label „His Master's Voice“ verwendete Berliner ab September 1900 für den Vertrieb von Schallplatten und Grammophonen. Auf ihm ist der legendäre „Nipper“ zu sehen, ein Foxterrier, der lauschend vor einem Schalltrichter sitzt.
Schellack und seine Stars
Der Tüftler Berliner forschte indes immer weiter und wechselte schließlich das Material für die Schallplatte: Er entschied sich für eine Pressmasse, die aus Schellack und verschiedenen Mineralsubstanzen bestand – ein leicht formbarer und haltbarer Materialmix, geschwärzt mit Ruß. Der Siegeszug der Schallplatte war nun nicht mehr aufzuhalten. Enrico Caruso, der weltberühmte Tenor, machte im Jahr 1902 in Mailand im Privatsalon eines Hotels seine erste Schallplattenaufnahme – und wurde damit der erste große Schallplattenstar. Der Verkauf der runden Scheiben – und ihrer Abspielgeräte – brummte, und das natürlich auch bei der Unterhaltungsmusik. Auch in Restaurants und Cafés war die Musik vom Grammophon zu hören.
Die Musikwelt entwickelte sich weiter: 1948 erfand der ungarisch-amerikanische Physiker Peter Carl Goldmark die Vinyl-Schallplatte, und mit dem digitalen Zeitalter kamen die Compact Disc (CD) und schließlich das Streaming ins Spiel. Doch die Vinyl-Schallplatte wird immer noch von vielen Musikfreunden geschätzt und ist inzwischen sogar Kult …
Zu sehen im Museum Wilhelmsbau:
Das Museum Wilhelmsbau, direkt auf dem Gelände des Technik Museums Speyer, ist ein faszinierendes Kabinett voller historischer Raritäten und begeistert seine Besucher mit tausenden Exponaten aus dem 19. und 20. Jahrhundert – darunter auch eine wertvolle Auswahl an Geräten zur Tonwiedergabe, unter anderem dieses Großgrammophon - ein Prachtstück inmitten der Raritäten im Wilhelmsbau. Um den Schall der Membran zu verstärken, waren vor allem bei den frühen Grammophonen große Schalltrichter notwendig.
Haftungshinweis zur Richtigkeit + Copyright
Die in diesem STORIES-Bereich erzählten Geschichten und Berichte geben ausschließlich die Meinung und Sichtweisen der jeweiligen Autoren wider. Bitte beachten Sie, insbesondere bei Berichten zu unseren Museumsveranstaltungen, dass verbindliche Informationen (z.B. zu den Öffnungszeiten, Eintrittspreisen und Programmpunkten), ausschließlich auf der offiziellen Museumwebsite www.technik-museum.de veröffentlicht sind.
Bitte beachten Sie ferner, dass die in diesem Bereich veröffentlichten Bilder, Texte und Videos dem Copyright der jeweiligen Autoren und/oder dem Museum unterliegen und ohne Genehmigung nicht verwendet werden dürfen.
Über Neuigkeiten auf dem Laufenden bleiben
Wir empfehlen unseren Museumsnewsletter per E-Mail zu abonnieren. Am Ende eines jeden Newsletters informieren wir über neue Geschichten, somit verpassen Sie keinen Artikel. Alternativ können Sie auch einen RSS-Feed abonnieren:
Newsletter abonnieren RSS-Feed (Reader erforderlich)