Fliegerlegende Walter Eichhorn im Interview

Sein Traum war es, fliegen zu können. Durch harte Arbeit hat er es geschafft: Walter Eichhorn. Bis heute ist er unzählige Maschinen geflogen. Im Technik Museum Speyer steht auch sein Traumflugzeug, das "Nesthäkchen".

Herr Eichhorn, wie sind Sie zur Luftfahrt gekommen?
Meine Begeisterung für die Luftfahrt entstand bereits in meiner Kindheit, als wir in den ersten Jahren meines Lebens in der Nähe des Flugplatzes in Jever lebten. Das Vorbeifliegen unzähliger Flugzeuge über unser Haus, weckte in mir den Wunsch, eines Tages selbst zu fliegen. Nach 1945 war es in Deutschland jedoch nicht möglich, Pilot zu werden, daher absolvierte ich zunächst eine Lehre als Schlosser. Im Alter von 18 Jahren wanderte ich schließlich nach Kanada aus, wo ich nach zwei Jahren genug Geld gespart hatte, um meine Flugausbildung zu beginnen. Innerhalb kurzer Zeit konnte ich mir sogar mein eigenes Flugzeug leisten und wurde 1964 zum Mannschaftspiloten der Kanadischen Nationalmannschaft ernannt. Durch meine Tätigkeit als Fallschirmspringer sammelte ich zahlreiche Flugstunden und erlangte schließlich meinen Berufspilotenschein. Als mein Vater mich darüber informierte, dass die Lufthansa Berufspiloten suchte, kehrte ich nach Deutschland zurück, um die Aufnahmeprüfung zu bestehen. Nach erfolgreichem Abschluss der Prüfung saß ich schließlich im Cockpit einer Lufthansa-Maschine und begann meine Karriere als Berufspilot.

Welche Flugzeuge sind Sie denn geflogen?
Ich bin auf mindestens 50 verschiedene Flugzeugtypen geflogen. Die erste eigene, die ich hatte, war eine Cornell. Ein Jahr später kaufte ich mir eine North American T6. Die T6 ist schon ein anspruchsvolles Flugzeug, ein 2,5 Tonnen Flugzeug mit 600 PS. Darauf habe ich sehr viele Stunden gesammelt. Dann gab es noch die ME 109 Messerschmitt. Dies war für mich ein ganz besonderes Flugzeug. Mit diesem Jagdflugzeug der Deutschen Luftwaffe flog ich 20 Jahre lang. Es war einsitzig und hatte eine Leistung von 1.475 PS. Diese Maschine zu fliegen bereitete mir viel Spaß, besonders wenn ich für Filmproduktionen unterwegs war. Eines meiner Highlights war mein Einsatz im Film „Operation Walküre“ mit Tom Cruise. Es war eine einzigartige Erfahrung, die meine Flugzeugkarriere auf besondere Weise abrundete. Dann kamen auch die Lufthansa-Maschinen dazu: eine Convair 44 oder eine Boeing 727. Danach ging es auf den Airbus 300, gefolgt vom Jumbo. Ich flog die DC10 als Langstreckenflugzeug für 10 Jahre. Ich habe es mit der DC10 leider nicht geschafft, das Rentenalter zu erreichen, weil das Flugzeug ausgemustert wurde. Dann bekam ich die Chance, noch die letzten zwei Jahre auf dem 200er Jumbo zu fliegen. Damit schloss ich meine Laufbahn bei der Lufthansa ab.

Haben Sie einen Flug, der Ihnen besonders in Erinnerung geblieben ist und der Sie geprägt hat?
Ja, mit der ME 109 hatte ich in 20 Jahren vier Motorausfälle. Ich hatte großes Glück, dass ich jedes Mal in der Nähe eines Flugplatzes war und sicher landen konnte. Diese Erfahrungen haben mich gelehrt, noch vorsichtiger zu werden.

Gibt es spezielle Ereignisse oder Entwicklungen in der Geschichte der Luftfahrt, die Sie besonders faszinierend finden?
In der Luftfahrt schreitet die Entwicklung unaufhörlich voran. Wenn man die heutigen Flugzeuge mit denen von früher vergleicht, liegen Welten dazwischen. Der nächste Schritt für mich wäre die Raumfahrt. Doch davor habe ich großen Respekt.

Nach Ihrer aktiven Flugkarriere: Haben Sie noch immer Berührungspunkte mit der Luftfahrt?
Nicht wirklich. Ich bin jetzt in einem Privatclub, einem Verein, wo ich ab und zu noch ein bisschen fliege. Oder aber gemeinsam mit meinem Sohn. Ihn hat ebenfalls die Leidenschaft für das Fliegen gepackt. Für mich neigt sich das Kapitel Fliegerei langsam dem Ende zu.

Können Sie in wenigen Worten das Gefühl beschreiben, wenn man fliegt?
In wenigen Worten ... einfach herrlich, wunderbar. Ein Erlebnis, jedes Mal.

Hatten Sie ein Ritual, bevor Sie losgeflogen sind?
Ja, ich habe mir immer meinen Wecker gestellt, damit ich zur richtigen Zeit von Zuhause wegfahren konnte und dann am Flugplatz ankam, um pünktlich loszufliegen. Und ich musste mich oft auf Flüge vorbereiten. Immerhin war es ein großer Unterschied, ob ich von Frankfurt nach London flog oder über den Atlantik nach Nordamerika. Und ich hatte einen kleinen Talisman dabei, den mir einst meine liebe Frau geschenkt hat. Es war das „erste Flugzeug“ mit einem kleinen Spruch drauf. Diesen habe ich jetzt noch im Geldbeutel.

Warum fasziniert die Luftfahrt die Menschen?
Weil es etwas Besonderes ist. Der Durchschnittsbürger fährt Fahrrad oder Auto. Und dann kommt das Flugzeug. Anfangs eine kleine Maschine. Man fängt ja nicht gleich mit einem Jumbo an, sondern erst mit kleinen Flugzeugen. Im Laufe der Jahre wird man dann immer besser.

Und warum fasziniert es aus Ihrer Sicht auch die Menschen, die nicht selbst fliegen?
Ich denke, das Flugzeug ist das beste Transportmittel, um in der Weltgeschichte herumzukommen. Früher musste man nach Amerika das Schiff nehmen. Das dauerte Wochen oder Monate. Mit dem Flugzeug ist man in acht Stunden in New York. Das ist für viele Menschen faszinierend.

Die Schnelligkeit, von A nach B zu kommen?
Ja genau. Wenn man sich vorstellt, wie es vor hundert Jahren war. Da waren die mit dem Zeppelin unterwegs.

Im Technik Museum Speyer stehen Flugzeuge, mit denen Sie geflogen sind. Erzählen Sie bitte?
Ja, da steht mein Traumflugzeug, eine ME 109. Ich war 50 Jahre alt, als ich das erste Mal in meinem „Traumflugzeug“ gesessen bin. Als kleiner Junge habe ich es fliegen sehen. Das ist ein Jagdflugzeug und ich habe das nicht als Kriegsflugzeug angesehen. Wenn ich mich nach der Landegebühr erkundigte, haben die Leute mich gefragt, mit was für einem Flugzeug ich denn käme. Ich sagte, mit einem einsitzigen Sportflugzeug. Dass das Flugzeug drei Tonnen wog, habe ich nicht sofort gesagt. Dann wurde fälschlicherweise angenommen, ich würde mit einer einsitzigen Ultraleichtmaschine kommen. Das war immer lustig. So ein Flugzeug steht auch in Speyer und heißt Nesthäkchen. Mit einer 747 bin ich ebenfalls um den Globus geflogen. Sowohl im Technik Museum Sinsheim als auch im Technik Museum Speyer zeigen Sie ja zwei Junkers Ju 52. Mit so einer Maschine bewegte ich mich 15 Jahre in der Luft. Außerdame hatte ich das Vergnügen, mit einem Lockheed F-104 G „Starfighter“ mitzufliegen. Und ich sprang aus einer Transall C-160 heraus. Die Noreatlas war die historischste Maschine. Aus dieser sind wir auch gesprungen.

Sie sind also beruflich geflogen, aber privat zum Hobby gesprungen?
Genau.

Hat Ihnen das Fliegen oder das Springen mehr Spaß gemacht?
Ich würde sagen, das ist gleichauf. Das Fliegen und dann der freie Fall. Das war eine gute Abwechslung.

 

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